Die Kultur der Chinesischen Cymbidien
- Heiko Eichhorn
- 6. Nov. 2022
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Juli 2023
Eine Liebeserklärung an die "Noble Orchidee" - Cymbidium goeringii

Ich bin ein großer Fan einer Vielzahl von botanischen Orchideen. Seit ich meine Reise durch die faszinierende Welt der Orchideen begonnen habe, hat mich aber eine Art immer wieder aufs Neue angezogen – Cymbidium goeringii - eine hochentwickelte Orchideenart aus dem „Orient“. Diese bezaubernde terrestrische Orchidee aus Ostasien hat es mir schon vor vielen Jahren angetan und ich widme viel Zeit und Aufwand, um sie erfolgreich zu züchten.
Ich bin immer wieder fasziniert von ihrer Komplexität und Schönheit, und im Laufe der Jahre habe ich schon oft meine Erfahrungen und Tipps zur Kultivierung dieser wundervollen Orchideen geteilt.
Die Gattung Cymbidium, zu der diese spezielle Orchideenart gehört, ist vornehmlich in Asien beheimatet. Es gibt viele verschiedene beschriebene Arten und noch viel mehr Generische Hybriden. Aber es ist Cymbidium goeringii, die „Shunran“ oder „noble Orchidee“, wie sie in Japan genannt wird, die mein Herz erobert hat. Sie ist auch als „Chun Lan“ oder „Frühlingsorchidee“ bekannt, wegen ihrer frühen Blütezeit.
Mit ihren runden Pseudobulben, die vier bis sechs grasähnliche Blätter tragen, und ihren zarten, duftenden Blüten, die im Frühjahr erscheinen, ist diese Orchidee eine echte Augenweide. Ihre Blüten reichen in Farbe von Smaragdgrün bis Weiß, oft mit roten Punkten oder Streifen. Es gibt aber auch gelbe, orangene und braune Sorten welche auf dem Liebhabermarkt horrende Summen kosten. Aber auch die ´normalen´ Blüten sind für mich ein Anblick, auf den ich mich jedes Jahr wieder aufs Neue freue.
In Ostasien behaupten Chinesische Cymbidien schon seit Jahrhunderten ihre Präsenz, mit ihren eleganten Blättern, zarten Blüten und bezaubernden Düften. Ihre Beliebtheit ist nicht nur auf die bloße Ästhetik beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf ihre Nützlichkeit in der Landschaftsgestaltung, zum Beispiel als dekorative Elemente rund um Koi-Teiche. Varietäten mit farbenfrohem Laub oder pelorischen Blüten sind auch heute noch besonders begehrt und können hohe Preise erzielen. Einer der Gründe für ihre weit verbreitete Kultivierung ist ihre einfache Pflege – sie benötigen nicht unbedingt die Kultur-Bedingungen, die ihre Standard-Cymbidien-Pendants erfordern.
Mein Weg zu einem erfolgreichen Cymbidium goeringii-Züchter war nicht einfach. Es hat wirklich lange gedauert, die Feinheiten zu verstehen und meinen eigenen Weg zu finden. Eine große Herausforderung bestand für mich darin, dass alle Informationen, die ich finden konnte auf Englisch waren und sich meiner Meinung nach als falsch herausstellten. Also musste ich mich auf meine eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse verlassen. Ich musste lernen, dass die Kultivierung dieser bezaubernden Orchideen sehr spezifische Bedingungen erfordert und daher komplex zu erklären ist.
Der Schlüssel zur erfolgreichen Kultivierung chinesischer Cymbidien liegt in der Kenntnis einiger grundlegender Anforderungen.
Lasst uns also diese Aspekte einmal näher betrachten:
Temperatur: Die orientalischen Cymbidien reagieren mitunter in den verschiedenen Jahreszeiten sehr empfindlich auf ihre Umgebungstemperaturen. Wenn man aber bestimmte Kulturbedingungen einhält, können die Pflanzen trotzdem während der Sommermonate recht gut mit Hitze umgehen. Ich empfehle daher, C. goeringii in den Sommermonaten im Halbschatten im Garten zu pflegen.
Der ideale Anbau während der warmen Sommermonate erfordert ca. 80 bis 90 % Schatten und Temperaturen zwischen 24 und kurzzeitig auch mal bis zu max. 30 °C. Eine stärkere Belüftung kann dann dabei helfen, auch bei höheren Temperaturen eine gesunde Pflanzenentwicklung zu gewährleisten. Die Nachttemperaturen im Spätsommer und Frühherbst (August bis Oktober) sollten zwischen 10 und 16 °C liegen, um die neuen Blütenstände zu fördern. Im Winter sollten die Temperaturen tagsüber zwischen 20 und 25 °C und nachts zwischen 10 und 15 °C liegen. Diese Pflanzen sind zwar recht frostresistent, doch ist meiner Meinung nach das Überwintern bei Frost nicht wirklich zu empfehlen! Ich denke bei den mitunter recht hohen Preisen für jede einzelne Pseudobulbe erübrigen sich solche Experimente.
Es ist wichtig, diese kühle trocknere Ruhezeit im Winter einzuhalten, um die Blütenbildung zu fördern. Dies habe ich am Anfang meiner Orchideenpflege oft übersehen und war dann enttäuscht, wenn meine Pflanzen blühfaul waren. Ich denke die sogenannte Vernalisation ist dabei ein wirklich wichtiger Aspekt in der Pflege auch bei dieser besonderen Orchideenart. Dabei handelt es sich um die Blühinduktion nach einer längeren Kälteperiode. Die Vernalisation ist bei Cymbidium goeringii von besonderer Bedeutung, da sie der Pflanze die Blühhemmung aufhebt. Ohne diese Kälteperiode bleibt die Orchidee blühfaul. Daher ist es wichtig, die Pflanzen im Winter kühl zu halten, um die Vernalisation zu ermöglichen. Die richtige Temperaturführung ist also für eine erfolgreiche Kultur unerlässlich!
Licht:
Während des Sommers sollten die Pflanzen stark beschattet werden (ca. 80-90 %) und die Luftzirkulation muss erhöht werden. Im Frühjahr und Herbst sollte die Schattierung auf etwa 60 % reduziert und zum Winter hin schrittweise wieder entfernt werden. Die Blätter sollten eine dunkelgrüne Farbe annehmen, nicht mittelgrün und auch nicht golden, obwohl dies je nach Art durchaus variieren kann. Zu den var. Typen mit panaschierten Blättern werde ich später nochmal einen Artikel verfassen.
Wasser:
Chinesische Cymbidien lieben Feuchtigkeit, daher sollten ihre Wurzeln konstant feucht, aber nicht durchnässt gehalten werden. Die Bewässerungsfrequenz hängt dabei sehr stark von der gewählten Substrat-Mischung ab und kann zwischen alle drei Tage und einmal pro Woche variieren. Unabhängig von der Kulturmethode sollte man ein Topf-Medium-Verhältnis wählen, das zuverlässig gleichmäßig abtrocknet.
Feuchtigkeit: Während des Winters ist eine relative Luftfeuchtigkeit von 50 bis 60 % empfehlenswert, wobei im Sommer eine signifikante Erhöhung der Feuchtigkeitswerte empfohlen wird.
Dünger:
Ein Nährstoffgehalt von etwa 35–50 ppm N bei jedem Gießen hat sich als optimal erwiesen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Pflanzen ausreichende Mengen an Kalzium, Magnesium und Spurenelementen erhalten.
Eintopfen:
Diese Cymbidien besitzen sehr lange senkrecht nach unten gerichtete Wurzeln, daher eignen sich tiefe Behälter am besten. Ich verwende ausschließlich chinesische Cymbidientöpfe aus Kunststoff. Das Umtopfen (wenn denn erforderlich) sollte im Frühjahr nach der Blüte erfolgen. Bei Bedarf kann man die Pflanze dann auch teilen, wobei jede Teilung mindestens 3 aktive Pseudobulben mit Blättern behalten sollte.
Die Vermehrung dieser Orchideenart kann eine Herausforderung sein. Ich versuche regelmäßig meine Pflanzen durch Teilung zu vermehren, wobei ich aber immer darauf achte, dass jedes der Teilstücke mindestens drei, besser noch fünf Pseudobulben behält.
In Bezug auf die Größe der Pflanzen behaupten chinesischen Quellen, dass eine Mindestgröße von drei ausgewachsenen Pseudobulben ausreichend sein soll. Meine persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen haben mich jedoch zu einer anderen Schlussfolgerung geführt. Ich glaube, dass eine Pflanze, die als blühend betrachtet werden soll, mehr als drei Pseudobulben haben muss! Jede Pseudobulbe sollte zudem mindestens fünf Blätter pro Bulbe und ein sehr gesundes Wurzelsystem haben. So kaufte ich zum Beispiel eine Cymbidium goeringii mit nur drei Pseudobulben, die jedoch zwischen zehn und fünfzehn lange, weiße Wurzeln hatte. Nur in diesem Zustand würde ich eine Pflanze als wirklich blühfähig betrachten. Zudem blühen meine Cymbidien nur an zweijährigen Pseudobulben.
Wenn ich Cymbidium goeringii kaufe, bestehe ich immer auf einer blühfähigen Größe und kaufe, wenn möglich nur Pflanzen mit mehreren Trieben und deutlich mehr als drei Pseudobulben. Wenn man Glück hat, blüht dass Cymbidium goeringii dann jedes Jahr zuverlässig.
Dies ist sicherlich auch zum Teil auf meine Wahl des Kultursubstrats zurückzuführen.
Kultursubstrat:
Cymbidium goeringii gedeiht in einer Vielzahl von Substraten sehr gut. Manche Kultivateure verwenden Mischungen aus anorganischer und organischer Bestandteile, wie z.B. Perlite mit handelsüblicher, hochwertiger Blumenerde, andere Liebhaber wie z. B. ich, verwenden ausschließlich asiatische Cymbidium-Substrate, die aus einer speziellen Mischung aus drei Arten von Bimsstein besteht: hartes Kanuma, gebackenes Akadama und Satsuma in einem vorgegebenen Verhältnis.
Trotz der Herausforderungen, die das Erwerben dieser speziellen Substrat-Mischung mit sich bringt – die Komponenten und ggf. auch Mischungen sind recht schwierig in Europa erhältlich – hat sie sich als unschätzbar erwiesen. Im direkten Vergleich dazu habe ich gesehen, dass Versuche, eine 50%ige Rinde- und 50%ige Bimssteinmischung zu verwenden, meist mittelmäßige Pflanzengesundheit, spärliches Laub und mangelnde Blütenbildung zur Folge hatten. In der Regel topfe ich deshalb meine Neuerwerbungen sofort nach der Lieferung in meine eigene Substratmischung um.
Sobald meine Cymbidium goeringii in diese Mischung eingetopft sind, wachsen sie wie jede andere Orchidee unter der Bedingung, dass die spezifischen weiter beschriebenen Bedingungen erfüllt sind. Diese Bedingungen variieren natürlich je nach Jahreszeit, mit vier verschiedenen Bewässerungsplänen, unterschiedlichen Beleuchtungsanforderungen, Temperatur-anforderungen und Luftfeuchtigkeitsanforderungen.
Die Kultivierung der Chinesischen Cymbidien erfordert sicherlich einiges an Aufmerksamkeit und Pflege, aber das Ergebnis ist eine erstaunliche Pflanze, die mit ihrer Schönheit und Anmut jeden Garten oder jedes Zuhause bereichern kann.
Cymbidium goeringii ist leider in Europa immer noch sehr selten in Sammlungen zu finden, obwohl sie eine relativ einfach zu züchtende Art ist, die den Liebhaber mit ihren aparten, duftenden Blüten und ihrer relativ langen Blütezeit begeistern kann.
Die Kultivierung der Chinesischen Cymbidien hat mir eine tiefe Wertschätzung für die Komplexität und Schönheit dieser Pflanzen vermittelt.
Es ist dabei immer eine Reise des ständigen Lernens und Experimentierens, aber das Ergebnis – eine blühende Cymbidium goeringii – ist jedes Mal ein Triumph.
Ich hoffe, dass meine Erfahrungen und Kenntnisse anderen helfen können, die die Herausforderung annehmen möchten, diese atemberaubende Orchideenart zu entdecken und in ihren eigenen Gärten und Gewächshäusern zu kultivieren.
Meine Liebe zu Cymbidium goeringii ist nach all den Jahren immer noch stark und ich freue mich darauf, meine Sammlung auch in den kommenden Jahren weiter zu erweitern und zu pflegen.
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